Thursday, March 19, 2009

Athen brennt

Einblicke und Diskussion zu den Hintergründen der Ausschreitungen in Griechenland rund um den Jahreswechsel und den Folgen des Aufstands.
Mit:
Bahtsetzis, Sotirios: Kunsthistoriker
Triantafilidou, Haris: Aktivistin der „Solidaritätsinitiative für die Bewegung in Griechenland“
Tsianos, Vassilios: Soziologe und Mitarbeiter von „Kanak Attak“
Xydakis, Nikolaos: Chefredaktor der Athener Tageszeitung „Kathimerini“

Moderation:
Tsomou, Margarita: Kulturwissenschaftlerin und Journalistin

Anfang Dezember 2008 wurde in Athen der 15-jährige Schüler Alexandros Grigoropoulos tödlich von Polizeikugeln getroffen. Was drauf folgte waren bürgerkriegsähnliche Ausschreitungen in Athen und wütende Proteste und Massendemonstrationen in ganz Griechenland als Ausdruck einer aufgestauten Krise in der griechischen Gesellschaft.

Angeprangert wurde dabei aber nicht nur ein immer wieder konzeptloses, repressives und schlecht organisiertes Vorgehen der griechischen Polizei, vielmehr geriet, je länger die Proteste andauerten, immer mehr die prinzipielle Kritik am politischen System Griechenlands in den Vordergrund.

Die immense Gewaltbereitschaft vieler Jugendlicher machte schnell klar, dass die Ursachen für den Unmut viel tiefer liegen als im Tod eines Einzelnen: Die miserable Zukunftsperspektive der griechischen Jugend, ein marodes Bildungssystem, Klientelwirtschaft, Nepotismus, Missmanagement und Korruption der beiden Volksparteien (die sozialdemokratische PASOK und die bürgerliche NEA DIMOKRATIA), die seit dem Sturz der Militärjunta 1974 abwechselnd die Regierund bilden, und der Unfähigkeit der politischen Klasse zu echten, sinnvollen und zukunftsweisenden Reformen.

Im Rahmen der Fabrikgespräche (eine Ko-Produktion der Wochenzeitung WOZ mit dem Konzeptbüro der Roten Fabrik) diskutieren die eingeladen Podiumsgäste unter der Leitung der Kulturwissenschaftlerin und Journalistin Margarita Tsomou über die Hintergründe der Ausschreitungen und die gesellschatlichen und politischen Folgen des Aufstandes.

Diskussion und Publikumsgespräch werden in deutscher Sprache geführt mit der Möglichkeit der griechischen Übersetzung.

Die Podiumsteilnehmer/innen:

Sotirios Bahtsetzis
lehrt seit 2006 moderne und zeitgenössische Kunstgeschichte an der Universität Patras und der Universität von Thessalien. Er arbeitet auch als freier Kurator und hat 2008 einen Raum für experimentelles Kuratieren in Athen gegründet.
Sein Beitrag befasst sich mit dem aktuellen Stand der Reformpolitik an den Griechischen Universitäten und die Probleme, die sich darauf beziehen (Zulassung privater Hochschulen - Colleges, Wahlsystem des akademischen Senats, Asylumstatus in Griechischen Universitäten).

Haris Triandafilidou
lebt in Berlin und studiert seit 2002 Politikwissenschaften am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin mit den Schwerpunkten ist Politische Theorie, Internationale Beziehungen, Rassismus und Parteienforschung. Zudem gehört sie der „Solidaritiätsinitiative für die Bewegung in Griechenland“ an und war während der Unruhen in Athen.
Sie befasst sich primär mit der Frage, ob der Jugendaufstand 2008 nur Randale und ziellose Gewalt autonomer Gruppen oder vielmehr politisch motiviert war und klassenkämpferische Züge trug.

Vassilis Tsianos
hat an der Universität Hamburg promoviert und unterrichtet Migrationssoziologie mit den Arbeitsschwerpunkten Transnationale Migration und Border Studies, Präkarisierung und Biopolitik und ist Mitglied vom Netzwerk „Kanak Attak“, das sich mit Fragen der Migration befasst.
Sein Thema sind die Ereignisse in Athen und Griechenland unter dem Aspekt einer ersten buchstäblichen Rebellion des Präkariats in Europa.

Nikolaos Xydakis
Ist Chefredaktor der bürgerlichen Athener Tageszeigung „Kathimerini“ (Kaqhmerini) mit journalistischen Schwerpunkten Politik, Gesellschaft, New Media und Popkultur, ausserdem Kunstkritiker und Schriftsteller.
Obwohl eher bürgerlich-konservativ ausgerichtet, ist die Kaqhmerini während der Unruhen durch eine sehr ausgewogene und kritische Berichterstattung aufgefallen. Nikolaos Xydakis berichtet über damals herrschende Situation und analysiert Ursachen und Geschehen.

Moderation:
Margarita Tsomou
Ist Kulturwissenschaftlerin, Journalistin und Theaterschaffende. Sie studierte Volkswirtschaft an der Universität Hamburg und angewandte Kulturwissenschaften an der Universität Lüneburg.
Als politische Aktivistin hat sie sich eingehend mit dem den Unruhen in Griechenland befasst schon mehrmals Veranstaltungen dazu organisiert.
Mi, 25. März 2009
Rotefabrik,Zurich
Source: http://www.rotefabrik.ch/de